Bauen mit Pilz, Baum, Lehm heißt eine Ausstellung in der Berlinische Galerie bis zum 14.10.24. Das Thema sei hergeleitet durch die Auseinandersetzung mit dem Kontrast zwischen der durch den Menschen gestalteten Stadt, der gewachsenen Natur… und dem Gedanken beide sozusagen synthetisch zu versöhnen. Die Kuratorin arbeitet dies an drei Berliner Beispielen durch.
Beginnend mit der Kapelle der Versöhnung der Architekten Sassenroth und Reitermann an der Bernauer Straße. Der Bau wurde bis zum Jahr 2000 aus fast 400 t Stampflehm mit Hilfe des Lehmbauspezialisten Martin Rauch errichtet. Die Kapelle stelle das nach Angaben der Architekten erste öffentliche Lehmbauwerk seit 100 Jahren in Deutschland dar. Die Ausstellung zeigt ein sehr schönes Musterstück „zum Anfassen“ .
Zentrales Ausstellungsstück ist ein Pavillon des Kollektivs MY-CO-X der bereits anderswo zu sehen war. Das Kollektiv wurde 2020 in Berlin, von der Biotechnologin Vera Meyer (TU Berlin, Angewandte und Molekulare Mikrobiologie) und dem Architekten Sven Pfeiffer als „Fungal SciArt Collective“ gegründet. Der biomorphe Pavillion von etwa 3 x 6 x 5 m Größe besteht aus Sperrholzspanten, Verbindungselementen und etwa 300 Mycel-Elementen. Die Elemente wuchsen in kleinen Rahmen aus dem in Berlin Brandenburg heimischen Zunderschwamm (Fomes fomentarius). An den Wänden der Ausstellung sind weitere experimentelle Arbeiten der Gruppe zur konstruktiven Verwendung des Myzels ausgestellt. Unter anderem „verwachsene“ Verbindungen zwischen Myzelen und z.B. Beton, Asphalt und Mauerwerk.
Das dritte Element entstammt der Baubotanik, einer ökologische Baumethode, mit lebenden Pflanzen zu konstruieren. Dies wird mit tatsächlich sehr schönen praktischen baubotanischen Beispielen sowie anhand eines Wettbewerbsbeitrags zum Ausstellungshaus Futurium / Berlin aus dem Jahr 2012, von ludwig.schoenle illustriert. Die Architekten planten eine baubiologische Vorhangfassade. Durch rautenförmig gekreuzte Bäume sollte das Gebäude beschattet und eine ums Gebäude laufende Erschliessungsrampe umfasst werden.
Kann mit, statt gegen die Natur gebaut werden fragt die Ausstellung im Erläuterungstext. Die Beispiel sind, bis auf den Lehmbau der in der Baupraxis zumindest eine Fuss in der Tür hat, auf den ersten Blick erfrischend visionär. Auf den zweiten Blick ist es aber auch bestürzend wie wenig sich seit den Tagen des Biotekten Dornhöfer in den 1980er Jahren oder dem 2014 errichteten Myzelbau „Hi-Fi“ in New York getan hat. Der Hersteller ecovative der die Mycelblocks lieferte hat sich statt auf Bauprodukte nun auf Verpackungsmaterialien und künstlichen Speck spezialisiert. Ob so die Bauwende vorankommt?